Unverhältnismäßig und abschreckend – Dresdner Urteil gegen Demonstrierenden

Presseinformation
im Namen der „Untersuchungskommission 19. Februar“

Das Schöffengericht des Amtsgerichtes Dresden hat am Mittwoch, 16. Januar 2013, einen 36-jährigen Berliner wegen Körperverletzung, besonders schwerem Landfriedensbruch und Beleidigung zu einer Haftstrafe von einem Jahr und zehn Monaten ohne Bewährung verurteilt. Er soll bei den Demonstrationen
gegen den Aufmarsch von NPD und Kameradschaften am 19. Februar 2011 in Dresden mit einem Megafon zum Durchbrechen einer Polizeikette aufgerufen haben. Richter Hans-Joachim Hlavka verurteilte zu einer solch hohen Strafe ohne Bewährung, obwohl unklar blieb, ob der Angeklagte tatsächlich derjenige
war, von dem eine verschwommene Filmaufnahme existiert, und obwohl der Gefilmte nur dazu aufrief, nach vorne zu kommen. Ihm selbst wurde die Begehung von Gewalttätigkeiten nicht vorgeworfen.

Nur weil der nicht vorbestrafte Angeklagte von seinem grundlegenden Recht, vor Gericht zu schweigen, Gebrauch machte, kam der Richter zu „keiner günstigen Sozialprognose“ und setzte die Strafe daher nicht zur Bewährung aus. Nach der Logik des Schöffengerichts begründet allein die Wahrnehmung
prozessualer Rechte die Erwartung zukünftiger Straftaten.

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Spiegelartikel zu sächsischen Verhältnissen

Bereits 2011 erschien ein erster Artikel im Spiegel, welcher die Ermittlungen zum 19. Februar 2011 kritisch beleuchtete. Themenschwerpunkt war damals die Datenaffäre um die Erfassung mehr als einer Million Handydatensätzen und die sogenannte Antifa Sportgruppe, welche als ein Hauptgrund für die massive Repression gegen Antifaschist_innen herhalten musste. So diente dieses Konstrukt dazu 2010 ein Ermittlungsverfahren nach §129 zu eröffnen. Im Herbst 2012 ist nun ein weiterer Artikel zum Thema erschienen. Dieser beleuchtet erneut die Absurditäten des Ermittlungseifers sächsischer Beamt_innen.

Highlights, von denen keiner wissen wollte!

Am 4.11.2012 wird es in Jena eine Demonstration geben anlässlich der nun seit einem Jahr zurückliegenden Aufdeckung der Neonazigruppierung NSU.
13 Jahre lang konnte eine Neonazigruppe ungehindert im Untergrund agieren, 10 Menschen ermorden und Unzählige durch Bombenanschläge verletzen. Ihr Motiv: Rassismus.
Thüringen und vor allem Sachsen boten den Neonazis über Jahre hinweg einen Rückzugsraum. Die Arbeit der Behörden und die gesellschaftlichen Zustände konnten dieses möderische Agieren ermöglichen.
Wir als Kampagne „Sachsens Demokratie“ unterstützen den Aufruf zur Demonstration in Jena.

https://411jena.wordpress.com

Einstellung Nr. 2 bis 22 – §129-Verfahren läuft weiter

Mit großem Aufgebot stürmte die sächsische Polizei am 19.02.2011 das Haus der Begegnung in Dresden. Man vermutete dort die Koordinierungsstelle einer kriminellen Vereinigung, die Gewalttaten gegen Nazis organisiere. Gefunden hat man sie jedoch nicht. Nach 16-monatiger ergebnisloser Untersuchung stellt die Staatsanwaltschaft Dresden die Ermittlungen gegen 21 Beschuldigte nach §170 Abs. 2 (StPo) mangels Tatverdacht ein. Das §129-Verfahren läuft unterdessen weiter.

Die Beschuldigten waren u.a. für das Aktionsbündnis „Dresden Nazifrei“ im Haus der Begegnung, organisierten dessen Pressearbeit und öffentliche Info-Telefone. Mit Hilfe eines IMSI-Catchers will die Polizei Handygespräche abgehört haben, von denen sie zum einen behauptet, sie wären im Haus der Begegnung geführt worden und zum anderen, dass darin Gewalttaten koordiniert worden wären. Mündlich wurde die Durchsuchung durch eine Amtsrichterin genehmigt. Die Beamten liessen sich nicht lange bitten und durchsuchten neben Räumen eines Jugendvereins rechtswidrig auch ein Anwaltsbüro, eine Privatwohnung und Parteibüros der LINKEN. Die aufgefundenen Personen wurden durchsucht und zur ED-Behandlung aufs Polizeirevier verschleppt – und waren von nun an verdächtig Teil einer kriminellen Vereinigung zu sein.

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